Young Violets |

03.06.2021

Suchard: "Allerhöchsten Respekt an die Mannschaft"

Die Saison der Young Violets war von Turbulenzen geprägt. Auf den punktetechnisch schlechten Herbst folgte im Frühjahr eine klare Verbesserung, ehe Corona große Teile der Veilchen außer Gefecht setzte. Am Ende gelang dennoch der sportliche Klassenerhalt in der 2. Liga. Trainer Harald Suchard im Gespräch.

Harald, wenn du die Saison 2020/21 spontan in drei Worten zusammenfassen müsstest, welche wären das?

Suchard: "Improvisation, Flexibilität und permanente Adaption. Auch wenn das jetzt vier Wörter waren (lacht)."

Könntest du kurz auf die jeweiligen Punkte eingehen?

"Wir waren speziell im Herbst gezwungen, beinahe wöchentlich auf kurzfristige Änderungen zu reagieren und im Endeffekt zu improvisieren. Die Kaderstruktur bei der Kampfmannschaft und den Young Violets war sehr eng, was wir gewusst haben, dadurch war es aber eben kaum möglich, einen strukturierten Trainings- und Spielbetrieb durchzuführen. Diverse Entscheidungen wurden dann auch oft wieder revidiert. Im Frühjahr war das besser, es war klarer, welche Spieler wann wo trainieren und spielen. Das hat nicht nur uns als Trainerteam die Arbeit erleichtert, sondern es war auch für die Spieler selbst besser. Diese Umstände haben sich dann auch in den Ergebnissen und in der Tabelle niedergeschlagen."

Gab es abgesehen davon weitere Faktoren für die klare Steigerung im Frühjahr mit 24 Punkten aus 17 Spielen gegenüber dem Herbst mit acht Punkten aus 13 Spielen?

"Ja, denn die Spieler haben in der Frühjahrsvorbereitung erkannt, dass es spätestens jetzt ans Eingemachte geht. Wir waren in der Winterpause mit acht Punkten in einer beinahe aussichtslosen Situation. Wir haben den Jungs auch immer wieder mitgegeben, dass sie jetzt die Chance haben, sich zu präsentieren. Bei vielen hat es dann Klick gemacht, sie haben gemerkt, wenn sie sich weiterhin so performen, dann wird der Weg in den Profifußball ein sehr langer und steiniger. Allen war klar: Wenn sie den Klassenerhalt sportlich noch schaffen, haben sie im Sommer gute Argumente."

Und der Klassenerhalt wurde sportlich erreicht. Am Ende schaute der elfte Platz heraus, wenngleich alle Teams der zweiten Tabellenhälfte ganz eng beisammen lagen.

"Richtig und ich möchte das hier an dieser Stelle noch einmal erwähnen, das ist mir sehr wichtig: Was die Mannschaft im Frühjahr geleistet hat, verdient allerhöchsten Respekt! Von innerhalb des Vereins aber auch von außen. Es war wirklich etwas Besonderes und keine Selbstverständlichkeit, das noch zu schaffen. Die Spieler haben erkannt, dass mehr erforderlich ist als erwartet wird, denn das hätte niemals gereicht. Es war deutlich mehr notwendig, um das 'Unmögliche' noch zu erreichen."

Warum war das erst im Frühjahr möglich?

Erst im Frühjahr hat sich innerhalb der Young Violets wieder so etwas wie Teamgeist entwickelt. Das war im Herbst aufgrund der vielen Veränderungen gar nicht möglich, es gab kein Team, keine Hierarchie, keinen Konkurrenzkampf, kein gegenseitiges Helfen. Erst als die Spieler länger beisammen waren, haben sich wieder Leader herauskristallisiert und sind Konkurrenzkämpfe entstanden. Dadurch ist auch das Niveau der gesamten Mannschaft gestiegen.

Schon 2019/20 gab es im Frühjahr eine richtige Aufholjagd, die Young Violets haben das Feld von hinten aufgerollt und sind am Ende sensationeller Vierter geworden. Warum hat es heuer "nur" für den elften Platz gereicht?

"Dafür gibt es aus unserer Sicht im Trainerteam drei entscheidende Gründe. Erstens hatten wir 2019 deutlich weniger Rückstand auf die Konkurrenz als 2020 zur Winterpause. Zweitens haben im Frühjahr nicht nur wir gut performt, sondern auch viele andere Teams, die hinten drin waren. Das hat den Sprung nach oben zusätzlich erschwert. Und drittens, und das müssen wir uns ganz klar ankreiden lassen, haben wir in der Offensive einfach nicht die Qualität auf den Platz gebracht, wie es uns ein Jahr davor gelungen ist. Im Frühjahr 2020 haben wir provokant gesagt aus zwei Chancen drei Tore gemacht. 2021 war das genaue Gegenteil der Fall. Wenn wir vier, fünf Großchancen in einem Spiel hatten, haben wir vielleicht ein Tor gemacht. Wir hatten viele gute Spiele, mit vielen 100-prozentigen Torchancen, letztlich hat uns aber die Qualität, die Effizienz und auch das Glück gefehlt, um mehr Tore zu schießen. Mit einer besseren Chancenauswertung wäre sicherlich ein einstelliger Tabellenlatz möglich gewesen.

Das Coronavirus war 2020/21 allgegenwärtig. Wie hat euch die Pandemie beeinflusst?

"Ohne zu wissen, wie es bei anderen Teams war, hatten wir im April die größten Probleme aller 22 Bundesligisten. Es sind über 70 Prozent der Spieler und Betreuer bei der Kampfmannschaft und den Young Violets ausgefallen, das war für uns eine sehr extreme Erfahrung. Letztlich musste unser Spiel gegen Liefering aufgrund dessen verschoben werden, gegen Wacker Innsbruck und Amstetten haben wir mit Mannschaften gespielt, die so niemals geplant waren. Gewisse Spieler wurden ins kalte Wasser geworfen, weil es schlicht keine Alternativen gab, und trotzdem haben sie ihre Aufgaben gut erfüllt. Wären diese vielen Ausfälle nicht gewesen, wären womöglich auch in diesen Spielen mehr Punkte möglich gewesen."

Punkte, die die Young Violets weiter nach oben gebracht hätten. Nach unten hin gab es ob der fehlenden Absteiger keine Gefahr. Wie beurteilst du diese Entscheidung der Bundesliga?

"Ich denke, dass das absolut in Ordnung geht. Jeder Verein hatte mit Corona und den geänderten Faktoren zu kämpfen, musste sich neu einstellen. Aus meiner Sicht hätte sich kein Team den Abstieg sportlich 'verdient'. Der Tabellenletzte hat 30 Punkte, es gab niemanden, der abgefallen ist, jeder hat es sich verdient, in der Liga zu bleiben, besonders unter diesen Umständen.

Jetzt steht die Sommerpause an, am 21. Juni startet dann die Vorbereitung. Mit welchen Wünschen und Zielen gehst du in die neue Saison?

"Wir müssen aus den letzten beiden Jahren lernen, was die Kadersituation zu Saisonbeginn angeht. Wenn wir eine Chance haben wollen, in der Liga nicht wieder von Anfang an nachzulaufen, ist es das Mindeste, eine klare Struktur zu haben. Jene Spieler, die bei den Young Violets spielen sollen, sollten auch dort trainieren. Natürlich kann und wird es Ausnahmen geben, das ist normal, aber der Kern der Mannschaft muss die ganze Woche hinweg miteinander trainieren und die Spiele absolvieren. Das ist mein ausdrücklicher Wunsch, eine klare Kaderstruktur."

Einem punktetechnisch erfolgreichen Saisonstart wärst du vermutlich auch nicht abgeneigt?

"Natürlich nicht. Einerseits ist es deutlich angenehmer, wenn es nicht vom Start weg um das sportliche Überleben geht, andererseits erleichtert es uns allen die Arbeit, gerade wenn es um die Entwicklung der Spieler geht. Klar ist, dass es so oder so wieder schwer wird, aber wichtig wird sein, dass wir im Trainerteam mit einer Mannschaft arbeiten können, die uns die meiste Zeit auch wirklich zur Verfügung steht."