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12.04.2020

Robert Sara: "Dann hab' ich ihm ein Gurkerl gegeben"

Fünf Jahre nach dem Einzug in das Finale des Europapokals der Cupsieger 1978 war Austria Wien erneut drauf und dran, das Endspiel zu erreichen. Nach dem großen Erfolg gegen den FC Barcelona im Viertelfinale erwies sich Real Madrid aber doch als etwas zu große Hürde. Robert Sara erinnert sich zurück.

Er absolvierte 727 Pflichtspiele für "seinen" Verein und ist damit violetter Rekordspieler. Er holte neun Meistertitel und sechs Cupsiege, jeweils Höchstwert aller Austrianer. Er war als "stürmender Außendecker" bekannt und Teil jener Austria-Mannschaft, die sowohl national als auch international großartige Erfolge feierte. Außerdem ist er einer der Ehrenkapitäne. Die Rede ist selbstverständlich von Robert Sara.

"Ich war über 20 Jahre als Spieler bei der Austria, da gibt es so viele Erinnerungen. Ich möchte kein einziges Jahr missen", erklärt Sara. "Natürlich stechen ein paar Erlebnisse heraus, das ist klar. Da gibt es Spiele, die vergisst du nicht.

Fünf Jahre nach dem großen Erfolg 1977/78 startete Austria Wien erneut im Europapokal der Cupsieger. In der ersten Runde, im September 1982, setzten sich die Veilchen gegen Panathinaikos Athen durch, stiegen mit einem Gesamtscore von 3:2 in die zweite Runde auf. Das Hinspiel in Wien gewann die Austria dank Toren von Toni Polster und Gerd Steinkogler mit 2:0, auswärts reichte Polsters Treffer aus, trotz 1:2-Niederlage war der Aufstieg fixiert.

Im Oktober dann trafen die Veilchen rund um Robert Sara auf Galatasaray – und hatten zu kämpfen. Im Hinspiel lagen die Türken nach 34 Minuten bereits mit 2:0 voran, ehe Steinkogler kurz vor der Pause den wichtigen Anschlusstreffer erzielte. Nach dem Seitenwechsel gelang Polster erst der Ausgleich, später die Führung, die Felix Gasselich nur wenige Augenblicke danach erhöhte. Austria Wien nahm einen 4:2-Auswärtssieg mit in die Heimat, dort machte auch die 0:1-Niederlage im Rückspiel nichts aus, der Einzug ins Viertelfinale war perfekt.

"Wir hatten damals eine richtig gute Truppe, waren super eingespielt. Die Jungen, die dann dazugekommen sind, haben wir unterstützt. Wenn du ein grader Michl warst, dann hast du mit niemandem Probleme gehabt. Und es hat sich jeder wohlgefühlt bei uns", erzählt Sara. "Außerdem waren die jungen Burschen natürlich auch riesen Fußballer."

Am 2. März 1983 war es dann so weit, der große FC Barcelona, trainiert von Udo Lattek, gastierte im Praterstadion. Es sollte das letzte Spiel als Trainer für den Deutschen bei den Katalanen sein, denn nur einen Tag nach dem Duell mit der Austria wurde Lattek entlassen. Als Grund vermutete er später eine Beschwerde Diego Maradonas beim Präsidenten Barcelonas. Der Argentinier hätte sich zuvor bei der Abfahrt des Mannschaftsbusses verspätet, Lattek habe darauf entschieden, ohne Maradona abzufahren.

Das Spiel selbst endete torlos, Austria-Coach Wenzel Halama stellte sein Team gut ein, die Ausgangsposition für das Rückspiel hätte wesentlich schlechter sein können. "Ich denke, sie haben uns unterschätzt," sagt Sara heute. "Wir hatten nichts zu verlieren. Für unseren, unter Anführungszeichen, kleinen Verein war das schon etwas ganz Besonderes, gegen Spieler wie Maradona zu spielen."

Im Gegensatz zu Lattek ließ dessen Nachfolger Cesar Menotti den damals 23-jährigen Maradona gegen die Austria auflaufen. Es war der 16. März, Sara erinnert sich zurück: "Wir hatten einen guten Schiedsrichter, es war ein Deutscher, das weiß ich noch (Adolf Prokop, Anm.). Wir wussten, dass Barcelona Elfmeter wollte, also haben wir versucht, sie gar nicht erst in den Strafraum zu lassen. Aber der Schiedsrichter war gut, er hat auch aufgepasst."

Robert Sara, zu diesem Zeitpunkt 36 Jahre alt, bekam es im Camp Nou mit dem über zwölf Jahre jüngeren Francisco Carrasco zu tun. "Sie haben mir schon vor der Partie gesagt, dass er in solchen Spielen, wo viele Leute im Stadion sind, gerne Gurkerl verteilt, weil dann alle jubeln würden. Deshalb hab' ich natürlich sehr darauf aufgepasst." Doch Sara verhinderte nicht nur, dass Carrasco ihm den Ball durch die Beine spielte, er drehte den Spieß sogar um.

"Es war eine Abwehrsituation, ich wollte den Ball schon wegschießen. Dann hab' ich gesehen, dass er hinter mir steht und die Beine offen hat. So schnell hat er gar nicht schauen können, hab' ich ihm ein Gurkerl gegeben", beschreibt Sara die Situation noch heute punktgenau. "Der war dann richtig verzweifelt, das hat man gemerkt." Doch nicht nur er, auch Superstar Diego Maradona hatte nur wenig zu melden. "Der Dzemal Mustedanagic hat den Maradona komplett abmontiert, der war kaum zu sehen."

Gerd Steinkogler brachte die Austria in der 37. Minute in Führung, der Ausgleich von Jose Alexanco kurz vor dem Pausenpfiff reichte Barcelona nicht. Die Veilchen zogen ins Halbfinale des Europapokals der Pokalsieger ein und bekamen es dort gleich mit dem nächsten spanischen Großklub zu tun: Real Madrid.

"Zwei so große Gegner in so kurzer Zeit, in diesen Stadien zu spielen vor so vielen Zuschauern, das erlebst du nicht oft", weiß Sara diese Erinnerungen zu schätzen. Im Gegensatz zu Barcelona stellte sich Real Madrid aber besser an: "Sie waren nicht mehr so überheblich, wussten, dass wir Barcelona hinausgeworfen haben. Real spielte viel konservativer gegen uns."

Trotzdem hielten Sara & Co mit, das Hinspiel am 6. April hatte es in sich – vor allem der Beginn. Schon nach fünf Minuten brachte Toni Polster die Veilchen in Führung, nur wenige Momente später gelang Carlos Alonso Gonzalez, kurz Santillana, der Ausgleich. Istvan Magyar erzielte in der 20. Minute die erneute Führung, Isodoro San Jose konnte im zweiten Durchgang aber wieder ausgleichen.

Zwei Wochen danach erwiesen sich die Madrilenen dann als zu stark, ließen der Austria vor 70.000 Zuschauern im Santiago Bernabeu kaum Chancen. Santillana per Doppelpack und Juan Gomez Gonzalez, der 1992 bei einem Autounfall ums Leben kam, waren für die Hausherren erfolgreich. Den zwischenzeitlichen Ausgleich bei der 1:3-Niederlage erzielte mit Jimenez ebenfalls ein Spanier per Eigentor.

Am Ende mussten sich die Veilchen mit einem Gesamtscore von 3:5 geschlagen geben. Im Finale unterlag Real Madrid dann dem Überraschungsteam FC Aberdeen, das sich von der Vorrunde des Bewerbs bis zum Titelgewinn spielte. Trainer der Schotten war übrigens Sir Alex Ferguson.

Dieser Tage bleibt Robert Sara freilich viel zu Hause, hält sich an die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. "Gerade in meinem Alter ist das ja wichtig. Ich gehe nur eine kleine Runde mit dem Hund, ansonsten verbringe ich viel Zeit auf meiner Terrasse und genieße das schöne Wetter." Hoffentlich geht das auch schon bald wieder im Freien.